Wir fuhren im Kanal und wenn das Schild kam, das uns zeigte, dass wir nun die Schleuse in den Vorbereitungsmodus versetzen könne, also die Füllung dieser starten könne um dann beim Eintreffen gleich einfahren zu können, drückten auf unserer Fernbedienung, bis das Funksignal erkannt wurde. Oft war es ein richtiger Drück-Marathon, denn Büsche vor den Sensoren in dieser recht wilden Naturromantik erschwerten oft den Signalaustausch und somit mussten wir öfter vor der Schleuse warten, den Sog des einlaufenden Wassers aussteuern, gleichzeitig evetuell aus der Schleuse kommenden Schiffen Platz einzuräumen und zwischendurch unseren Außenborder entgrasen, da sich ganze Ballen an Seegras an ihm ansammelten. 








So verging Stunde um Stunde und in den kurzen "Pausen" zwischen den Schleusen, wo Olaf steuerte und ich die Hände frei hatte, kochte ich schnell Kaffee oder Essen. Nach nur wenigen Minuten standen wir jedoch schon wieder vor der nächsten Schleuse und da wurden alle Hände bei den Leinen, an der Schleusentür, wenn man dem händisch kurbelnden Personal beim Tore öffnen helfen wollte oder am Aktivieren der Schleusung benötigt. Und plötzlich war es wieder Abend, die Schleusenlichter auf rot und keine Weiterfahrt mehr möglich. Manchmal gab es noch einen der Quays, die im Imray Buch (letzt veröffentlichte Ausgabe von 2010) beschrieben wurde. Sonst legten wir uns einfach an die Seite des Kanals und wenn die Seiten sehr verschlammt oder seicht waren, ankerten wir einfach im Kanal mit Landfeste um einen Baum, denn dann kam sowieso niemand anderer mehr und wir waren am nächsten Morgen auch immer bei Öffnung der Schleusentore wieder bereit zum Weiterfahren.
Abendstimmung auf dem Kanal "Entre Champagne et Bourgogne"
Am Mast der Wimpel des Yachtclubs Marstal - aus Go-On's Heimat
Da wir ein Holzboot haben, waren die Schleusungen mittels Radarerkennung immer ganz spannend für uns, denn es war nie gewiß, ob uns das System erkennen würde oder nicht. 
Wenn wir vor der Schleuse standen und kein Vorbereitungssignal vorhanden war, mussten wir die rund 300 Meter zurück fahren und schwingten unseren Toaster, die Bialetti Espresso Maschine oder unsere Thermoskanne wild vor den Sensoren um erkannt zu werden - was schon manch belustigten Blick auf uns zog! 
 
Zuverlässiger waren da schon die manuellen Schleusen, wo eine Schleusenwärterin des VNF mit uns (in ihrem Auto) mitfuhr und wirklich händisch die Tore auf und zu kurbelte. Da wir im ersten manuellen Abschnitt eine süße Omi zugewiesen bekamen, halfen wir immer mit, denn diese Frau wirkte, als hätte sie schon lange ihre Pension fällig und keuchte und stöhnte, bevor sie wieder zu ihrem Auto hinkte und zum nächsten Tor mit uns fuhr... schon ein schräges System. Wir waren sehr froh, als wir am nächsten Morgen einen jungen Studenten zugewiesen bekamen ;-)
 
Auch auf diesem Kanal gab es nur mehr wenig Infrastruktur.  So hieß es für uns wieder weitere Wege ins nächste Dorf für frische Frühstücks-Baguette und Benzin. 
Ein lieber Däne, der auf der Heimreise nach einigen Jahren Segeln im Mittelmeer war, lieh uns sein Fahrrad, um samt Jerry Can zur fünf Kilometer entfernten Tankstelle zu radeln. 
Selbst die Hausbootfahrer haben Zusatzjerrycans am Heck stehen - von Calais bis hierher nach St. Jean de Losne gab es keine einzige Schiffstankstelle!
 
Abends dann schwimmen im Fluss neben dem Kanal oder duschen mit der Pütz - Häfen mit WC und Dusche sind mehr als selten, da die Kanäle eher für Hausboote und kommerzielle Schifffahrt ausgelegt waren. 
BBQ - Olaf vor unserem Einweggrill :-)
Der Kanal selbst ist landschaftlich sehr schön, oft mit alten Platanen gesäumt und weiten Feldern. Da und dort passieren wir kleine Orte mit wenigen Häusern aber immer imposanten Dömen und Kirchen... 
Im kleinen Port de Plaissance von Viewville kommen wir mit dem Hafenmeister ins Gespräch, der früher bei der Fremdenlegion war und sogar gut deutsch sprach. Er war total hilfsbereit und freundlich und erzählte uns stolz, dass er schon jenseits der 80 Jahre war und über 60 Jahre mit seiner Frau verheiratet - ein tolles Paar, dass dort im Wohnwagen lebte. Er schenkte uns zwei Stifterl kalten Sekt die wir zum Sonnenuntergang genossen, ein wunderbarer Abend unter den Apfelbäumen des Hafens, bevor es am nächsten Morgen weiter ging. 
 



















Auch wenn einige Schleusen rasanter mit Wasserfällen und doch viel Sog-Strom waren, bereitete uns jedoch der Tunnel den wohl größten Adrenalin Kick! Ja ihr habt richtig gelesen, der Tunnel!! Und davon gab es vier auf unserer Strecke. Der erste Tunnel war lang, mit mittig sogar einem Gegenverkehrsbecken und Ampeln, der zweite Tunnel war einfach nicht beleuchtet, ein Einbahntunnel mit Ampel am Beginn. Doch dann stand man für ein paar Kilometer in einem ca. fünf einhalb Meter breiten Tunnel und sah die Hand vor den Augen nicht. Schnell die Stirnlampen aufgesetzt da die Stecklichter allein die Tunnelwand nicht ausleuchteten und durch mit uns! 
Dann kam ein gut beleuchteter weiterer Tunnel bevor wir den krönenden Abschluss mit einem fast fünf Kilometer langen Tunnel - den Balesman Tunnel - passierten. 
 
Wir haben in diesem Kanal 71 Schleusen aufwärts, einen 4,830 km langen Tunnel und 43 Schleusen abwärts überwunden bis wir nun endlich in die lang ersehnte Saône einschleusen konnten! Dann lagen wir im Hafen von Auxonne und ein Sommergewitter ließ den Regen auf unser Kajütdach prasseln. Eine angenehme Abkühlung nach den letzten vier Tagen mit bis zu 40° C... Doch gestern Abend genossen wir noch ein lokales Fest mit regionalen Schmankerln, Musik und einem Feuerwerk. 
 
In Summe haben wir 136 Schleusen und vier Tunnel auf unserer Route von Calais bis St. Jean de Losne passiert. Dadurch, dass die Systeme der Schleusen nicht optimal für uns ausgelegt waren, dauerte unsere Reise erheblich länger als geplant und leider kam ein weiteres Debakel dazu, das wir bisher noch nicht erwähnt hatten. Wir haben uns schweren Herzens dazu entschlossen, Go - On nun von hier aus nach Österreich mittels Trailer zu bringen, da in Douai ein massives Straßenschild von einer recht hohen Brücke auf unser wunderschönes und bisher unversehrtes Folkeboot krachte. Wir sind zum Glück unversehrt aber mit einem riesen Schrecken davon gekommen, aber Go-On wurde am Deck, am "old man seat" und am Süllrand des Cockpits beschädigt und so muss sie nun wieder fit für ihre kommenden Jahrzehnte und vor allem schön für die kommende Chartersaison für euch gemacht werden.

Diese Reise war aufregend, erlebnisreich, wunderschön, anstrengend, lehrreich und vor allem auf den Segelpassagen ein echtes Vergnügen. Auch binnen gab es viel zu Entdecken und nun kennen wir auch  unser zweites Folkeboot in nahezu jeder erdenklichen Situation und sind stolze Besitzer einer echt rasanten Schönheit. Wir freuen uns darauf, euch ab nächster Saison mit diesem weiteren Boot in unserer Flotte ein zusätzliches Angebot wie z.B. Flottillentörns zusammen mit unserem ersten Folkeboot WIKI anzubieten, denkt schon mal drüber nach - Reservieren lohnt sich aufgrund der steigenden Nachfrage ;) Infos rund um unseren Charter findet ihr wie immer unter www.folkebootcharter.at
 
Fair winds, 
Doris und Olaf 
 

 
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Meerflair Folkeboot

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Olaf Weiß

meerflair Gründer
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Doris Weiß

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